Besuch bei GU Premium Cars

Edition ZERO

Es ist noch dunkel draußen und die Glocken unserer kleinen Dorfkirche schlagen fünf Uhr morgens. Ich bin wie immer, wenn ein spannender Tag vor mir liegt, vor dem Weckruf meines Handys wach. Ein schnelles Frühstück und schon bin ich auf dem Weg in den Harz zu GU Premium Cars.

Mit jedem Kilometer wächst die Neugierde auf ein Fahrzeug, das ich so noch nie gesehen hatte.

Fabian hat mich auf dieses spezielle Kontingent aufmerksam gemacht. Gerade mal 10 Fahrzeuge aus Singapur, die in ihrer Bauweise so auf das Wesentliche reduziert sind, dass selbst ein G-Modell der Edition-PUR wirkt als sei es eine Vollausstattung. Nach allem was ich im Vorfeld meiner Reise über diesen außergewöhnlichen Mercedes G recherchiert habe, nenne ich das Fahrzeug Edition-ZERO.

Kaffee? werde ich gefragt, ja danke antworte ich, und hänge so gleich die Frage nach dem Standort der Fahrzeuge an. Da drüben, sagt er und zeigt auf ein Nebengebäude. Er geht vorraus und ich mit freudiger Erwartung hinterher. Fabian öffnet das Tor und knipst das Licht an. Die Neonröhren flackern. Ich nehme noch schnell einen Schluck Kaffee an dem ich mich beim Anblick der Vehicles fast verschluckt hätte. Mein erster Gedanke … die sind ja schon ausgeschlachtet! Lässt Fabian mich etwa 600km anreisen um einen Ersatzteilträger zu begutachten? Das glaube ich nicht. Auf das Schlimmste gefasst trete ich näher an die Fahrzeuge heran.

Die Neonleuchten erhellen den Raum und rücken die Fahrzeuge ins richtige Licht. Mein Blick schweift über ein Fahrzeug und erst jetzt wird mir klar welche Rarität hier vor mir steht. Es handelt sich um ein G-Modell, das der Staat Singapur in den 1980er Jahren als Trägersystem für eine militärische Spezialeinheit bei Mercedes in einer Kleinserie in Auftrag gegeben hatte. Das Anforderungsprofil für die Produktion beinhaltete einige Besonderheiten, die dieses Fahrzeug heute so außergewöhnlich machen. Es beginnt schon damit, dass das Fahrezeug eigentlich nur aus der unteren Hälfte besteht. Um einen Aktionsradius von 360° sicher zustellen verzichtet dieses Modell gänzlich auf Überrollbügel, Verdeck, Scheiben und Scheibenrahmen. Das bisschen Karosse hat zwar einen hohen Einstieg sieht aber keine Türen vor. Dem zu folge gibt es auch keine Montagevorrichtungen. Weder für Türen noch für die dafür notwendige Scharniere.

Erwähnenswert ist auch die geringe Fahrleistung von weniger als 7800km die laut eingebautem Betriebstundenzähler nachweislich sind.

Zudem sind die Fahrzeuge allesamt in einem wirklich guten Originalzustand und nahezu rostfrei. Das liegt nicht nur daran, dass es in Singapur eher selten schneit, sondern sicher auch daran, das es an dem ZERO die Problemzonen wie Scheibenrahmen, Türen und Scharniere gar nicht erst gibt. Nachvollziehbar ist auch, dass ein Auto, das in feucht tropischem Klima ohne Dach und Scheibe fährt weder Heizung noch Lüftung braucht. Interessant dabei ist allerdings, dass sogar die Motorhaube und das Armaturenbrett ohne Lüftungsgitter gestanzt wurde. Ein weiteres spannendes Detail ist auch die Heckklappe.

Der ZERO hat statt Hecktüre, wie wir sie von einem Wolf kennen, eine nach unten zu öffnende Klappe die mit Fußstützen für das Be,- und Entladen stabilisiert wird. Das Ersatzrad das normalerweise so G-typisch am Heck angebracht ist wandert kurzerhand mit der selben Haltevorrichtung hinter den Beifahrersitz.

Tatsächlich, so was habe ich noch nie gesehen und frage mich ob denn so ein Fahrzeug in Deutschland überhaupt zugelassen werden kann. Fabian versichert mir, dass die Fahrzeuge alle TÜV bekommen und eine H-Zulassung laut Datenblatt mit kleinen aber unauffälligen Änderungen kein Problem sei. Das klingt vernünftig, denke ich mir. Denn ein solches Fahrzeug muss für meine Begriffe „unberührt“ bleiben um seine Geschichte erzählen zu können. Nicht selten sehe ich, dass vor lauter Begeisterung an dem was alles möglich ist ein Fahrzeug bis zur Unkenntlichkeit fast zu Tode restauriert wird.

Willst Du mal fahren? Klar, warum nicht antworte ich und gehe zielstrebig auf das Fahrzeug zu um wie gewohnt an der Fahrerseite einzusteigen. Andere Seite, höre ich Ihn sagen. Was? frage ich. Andere Seite, ist doch ein Rechtslenker. Kurz überlege ich ob denn die Gänge gleich geschalten werden, steige ein und starte den Motor.

Dann gibt es nur noch Eines. 100% Fahrspass!

 

Die Datenkarte

Produktionswerk 0610 Graz

Produktionsnummer 6054657 Versanddatum 03-11-1987

Aufbauart 3 Fahrzeugtyp 240 GD Aggregatnummer 616938 20 005022

Lackierung Code 6423 Singapur-graugrün, matt

Sonderausstattung

A71 Differentialsperre Hinterachse

C50 Servolenkung

E23 Tropenbatterien

E41 Steckdose 12 Polig, 24 Volt im Eckbereich außen

E46 Steckdose im Fahrerhaus

K88 Zusatztank 13,5 Liter

L30 Steinschlagschutzgitter f. Scheinwerfer

P 48 Schmutzfänger hinten

Q58 Abschleppkupplung vorne

Q60 Haken Anhängerkupplung

S62 Sicherheitsgurte erhöht Fahrer- und Beifahrer

Y44 Warndreieck

Y86 Kühlerdeckel mit Kette

Z98 Stücklistenauftrag

Z99 Textauftrag Werkstext aus Migration Z99-Siehe Anlage BFS 904