Eisbrecher-Ausfahrt nach Stetten am Kalten Markt
Behutsam tastet sich die G-Klasse im Militär-Look vorwärts. Die Eisfläche unter den Rädernknackt. Plötzlich birst das Eis und der G bricht ein. Doch der Fahrer lacht, gibt gefühlvoll Gas, bis die Reifen Halt finden in dem großen Wasserloch, durch das sonst nur Fahrzeuge der Bundeswehr pflügen. Doch an diesem Samstag, Mitte Januar, sind es 15 G-Klassen mit mehr als 30 Fahrern und Beifahrern, die der Einladung von Oberleutnant außer Dienst Markus Klotz gefolgt sind, um mehrüber den geschichtsträchtigen Militärstandort im Landkreis Sigmaringen zu erfahren – und um auch ein wenig zu dreckeln.
Inzwischen reicht das Wasser schon bis fast an die Tür. Der Fahrer öffnet sie kurz,um sich eine recht große Eisscholle genauer anzuschauen. Sie erscheint durchaus beeindruckend.Er lacht wieder und bahnt sich weiter krachend seinen Weg – immer tiefer hinein ins Vergnügen des Truppenübungsplatzes Heuberg. Währenddessen genießen die Anderen das Spektakel und stehen fachsimpelnd in der strahlenden Sonne. Hinterihnen reihen sich die restlichen G Modelle auf, angeführt vom Unimog unseres bereits oben benannten Event-Betreuers. Wenige Stunden zuvor stand die Kolonne noch vor der militärgeschichtlichen Sammlung der Bundeswehr am Standort Stetten am Kalten Markt.
Dort ist auf mehr als 900 Quadratmetern die über 100-jährige Militärgeschichte einer Garnison von der Kaiserzeit bis zur Bundeswehr eindrucksvoll dargestellt.Als Aufwärmprogramm führte unser Begleiter die Gruppe durch die Sammlung von Geräten, Fahrzeugen,Uniformen und Waffen. Höhepunkt ist die ‚Natter‘ – die Bachem Ba 349 – Senkrechtstarter aus Holz, bestückt mit Raketen zur Flugzeugabwehr.Entworfen und gebaut wurde sie von Ingenieur Erich Bachem,dessen Name heute als Abkürzung auf Wohnwagen prangt: Eriba ist eine Marke der oberschwäbischen Hymer-Gruppe, Tochter des US Wohnmobilriesen Thor.
Bereits besagter Markus Klotz, die treibende Kraft hinter der Sammlung, unterhielt mit zahlreichen Anekdoten und neuesten Forschungsergebnissen zum erstenund einzigen Flug der Rakete am 1. März 1945. Es war der erste Start der Menschheitsgeschichte, versicherte er uns. Der Testpilot Lothar Sieber kam dabeiums Leben. Die Startstelle war eine weitere Station unserer Tour durch das hunderte Hektar große Gelände, nachdem sich alle am Wasserloch ausgetobt hatten. Denn sobald der Eisbrecher-G wieder am Ufer war, gab es kein Halten mehr. Panzerbrücke, kleinere Wasserlöcher, größere Hügel, steile Böschungen – alles was das Gelände her gab – wollte erkundet und bezwungen werden. Am Ende musste der Unimog unseres Gastgebers dann doch noch einen Karren aus dem Dreck ziehen, der vorne rechts fast bis zur Motorhaube im Schlamm steckte. Danachmachte die Kolonne noch mal Station an besagter Startstelle des Flugobjekts, in deren Nähe französische Soldaten einst das Werfen von Handgranaten geübt hatten. Auf dem modernsten Sprengplatz Europas, dem Übungsplatz des KSK abgekürzten ‚Kommandos Spezialkräfte‘. Und es gab noch mehr zu sehen, so dass der Tag in Stetten, der grillend Ausklang, unabhängig von der Geländeeinlage alles andere als langweilig war.